Die engen deutschen Verbindung zu Diktaturen wie Russland und China, die heute beklagt werden, haben eine lange Tradition. Der Zeithistoriker Frank Bösch erforscht, wie sich die Deutschen seit den 1950er Jahren an viele Autokratien in der Welt angenähert haben. Ebenso zeigt er, wie Proteste und Menschenrechtsgruppen dieser Zusammenarbeit Grenzen setzten, wie Sanktionen aufkamen und Verfolgte Hilfe fanden. Der gebürtige Lübecker, der als Potsdamer Geschichtsprofessor zugleich das Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung leitet, schreibt so eine andere, globalere Geschichte der Bundesrepublik. Während die Deutschen im eigenen Land mehr Demokratie wagten, erprobten sie nach außen hin oft mehr Austausch mit Diktaturen. Wie bei seinem Bestseller "Zeitenwende 1979" (C.H.Beck 2019) blickt er dabei neugierig auf den Wandel in vielen Teilen der Welt und den Bezügen zu Deutschland.

Photo © Joachim Liebe

1. Was wollten Sie als Kind werden
Fotograf. Die Faszination an Fotos ist geblieben.
 

2. Was haben Sie im Studium fürs Leben gelernt?
Dass alle Dinge durch gute Fragen und Antworten interessant, komplex und relevant sein können.

 

3. Womit haben Sie ihr erstes Geld verdient?
Als „Zivi“: Morgens Kindergärtner, nachmittags Hausmeister und Helfer für alles im Gemeindehaus. „Fürs Leben“ nicht minder wichtig als das Studium.

 

4. Wie sieht ein gelungener Tag in Ihrem Leben aus?
Morgens schreiben, nachmittags lesen, abends gesellig draußen.

 

5. Was nehmen Sie sich immer wieder vor?
Antwort Nr. 4.

 

6. Was ertragen Sie nur mit Humor?
Absurde Autokraten und Populisten, die dennoch nicht zum Lachen sind.

 

7. Welchem Politiker würden Sie welches Buch empfehlen?
Für Trump: „América“ von T.C.Boyle. Aber würde er wohl nur in einer Verfilmung von FOX zur Kenntnis nehmen.

 

8. Der beste Ort der Welt, der beste Ort in Potsdam?
Die besten Orte liegen entspannt am Wasser, von Stockholms Schären über Potsdams Heiligen See bis hin zu den Dörfern der Dordogne.

 

9. Welche Künstler beeindrucken Sie?
Musiker mit lyrischen Fähigkeiten, die spielerisch große Fragen dezent umkreisen.

 

10. Welche Eigenschaften schätzen Sie an einem Menschen am meisten?
Neugier und Geist, Charme und Witz mit Selbstironie.

 

11. Ihr liebstes Smalltalk-Thema?
Kein bestimmtes, aber vielleicht Heimat und Herkunft: als Historiker kennt man da immer was, lernt was dazu und kommt schnell vom Small-Talk weg.
 

12. Welcher Illusion geben sie sich gerne hin?
Gut, gerecht und fair zu handeln, wohl ahnend, dass jede Entscheidung immer Nachteile für andere bescheren kann.
 

13. Welche Zeitungen, Magazine und Blogs lesen Sie?
Viel Gedrucktes: SZ, FAZ und den Lokalteil der Potsdamer Neuesten Nachrichten; Teile des Spiegels und der ZEIT, zudem eine Pressemappe mit zeithistorischen Feuilletonartikeln.

 

14. Ihr Lieblingsmuseum?
Museum of African Art in Kapstadt und Tate Modern in London; von den zeithistorischen Museen schätze ich viele Details der Inszenierung im ‚Haus der Geschichte‘ in Bonn.

 

15. Welchen Satz haben Sie sich zuletzt aus einem Buch notiert?
Heute Morgen zuletzt aus einem neuen Buch zur deutschen Nachkriegszeit: "Mit den Erzählungen von der langen Heimkehr ließ sich die deutsche Niederlage zum persönlichen Sieg umdeuten." (aus Harald Jähner, Wolfszeit, 2019, S. 121)

 

16.Was bedeutet das Schreiben für Sie?
Glück und Askese, Präzision und Ausdauer, Lernen durch das Durchdringen eines Stoffes.

 

17. Ein Buch, das Ihr Leben verändert hat?
Rückblickend für den Weg zum Historiker etwa wichtig: als Kind Asterix, als Lübecker Teenager „Der Untertan“ und „Die Buddenbrooks“, am Beginn des Studiums Christopher Browning „Ganz normale Männer“ oder stilistisch Hans-Peter Schwarz‘ Biographie Adenauers.
 

 

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