Überwachung, soziale Kontrolle und christliche Identität in der Spätantike.
Der Erfolg des Christentums veränderte die Welt der Antike nachhaltig. Neue, christlich geprägte Regeln des Zusammenlebens wurden für eine breitere Masse an Menschen relevant – sie ergänzten zunehmend traditionelle Wertvorstellungen und römische Gesetze. Die Wachsamkeit der Laien – der nichtklerikalen Christen – auf diese Regeln war für ihre Durchsetzung innerhalb der Gemeinden entscheidend.
Christliche Prediger setzten vor allem ab dem vierten Jahrhundert auf die Mobilisierung überzeugter Laien, um Fehlverhalten aufzudecken. Zugleich waren diese laici religiosi keineswegs nur gelenkte Objekte klerikaler Aufrufe zur Überwachung christlicher Normen. Sie beobachteten, kontrollierten, denunzierten oder bestraften ihre Mitchristen teils aus echter Frömmigkeit, teils aus opportunistischen Motiven. Gerade Frauen konnten in diesem Kontext erstmals in der Antike im größeren Maße soziale Kontrolle ausüben.
Anhand einer breiten Quellenbasis lassen sich Überwachungs- und Kontrollmechanismen vom einfachen Tadel bis zu ritualisierter Gewaltanwendung unter den spätantiken Christen nachweisen. Die erfolgreiche Einbindung der Laien in die Überwachung der Verhaltensregeln der aufstrebenden Religion trug dazu bei, dass das Christentum zu einem zentralen sozio-religiösen Bezugssystem der römischen Welt werden konnte.
I. Zeitalter der Wachsamkeit II. Laien, Kleriker, Kongregationen: Soziale Interaktion in der Spätantike 1. Definition und Identität: Kirchengemeinden als normative Systeme 2. Sichtbarkeit, Privatsphäre, Normenkontrolle
III. Verstöße gegen Sexualnormen 1. Sexuelle Enthaltsamkeit 1.1 Jungfräulichkeitsideal und voreheliche Sexualität 1.2 Kontrollaspekte sexueller Askese unter verheirateten Laien 1.3 Überwachung der Enthaltsamkeit asketischer Laien 1.4 Kontrolle partieller und absoluter sexueller Enthaltsamkeit spätantiker Kleriker 1.5 Zwischenfazit: Sexuelle Enthaltsamkeit im Spannungsfeld von Normalität und Tabu 2. Ehebruch 2.1 Ehrenmord und Kapitalprozess – adulterium in nichtchristlichen Quellen 2.2 Neue Wege in der Spätantike – christliche Definition und römische Gesetze 2.3 Katechumenen und Kirchenstrafen – christliche Regeln gegen Ehebruch 2.4 Überwachung und Sanktionierung von Ehebruch unter Laien 2.5 Bischöfliche Autorität und öffentliche Bloßstellung – Kontrolle klerikalen Ehebruchs 2.6 Zwischenfazit: Der Umgang mit Ehebruch in der Gemeinde
IV. Verletzung religiöser Grenzen 1. Kontakte zu Häretikern 1.1 Die Dynamisierung des Kampfes gegen die Häretiker 1.2 Pestilentissima haeresis – das Beispiel der Manichäer 1.3 Römische Amtsträger oder kirchliche Autoritäten? – Der Kampf gegen die ‹Irrlehren› 1.4 Identifikation und Denunziation von Manichäern innerhalb der Gemeinden 1.5 Zwischenfazit: Proliferation und Erfolg antimanichäischer Maßnahmen 1.6 Ausblick: Überwachung und soziale Kontrolle anderer heterodoxer Gruppen 2. Judaisieren 2.1 ‹The parting of the ways› und die judaisierenden Christen 2.2 Judaisierer im Fokus der Aufmerksamkeit 2.3 Synodale Beschlüsse und innergemeindliche Regulierung judaisierenden Verhaltens 2.4 Predigten gegen religiöse Grenzüberschreitung – das Beispiel Antiochias 2.5 Zwischenfazit: Effektive Grenzziehung zwischen Juden und Christen?
V. Christliche Normen und Ausprägungen römischer Kultur 1. Bäderbesuch 1.1 Die christliche Haltung zu den Thermen – zwischen Alltag und Askese 1.2 Überwachung und Kontrolle des Bäderbesuchs in Christengemeinden 1.3 Zwischenfazit: Neue Baderegime – Fortbestand und Wandel 2. Besuch der Spiele und Theater 2.1 Die spectacula in der Spätantike 2.2 Die Kritik der Kirche an den Schauspielen 2.3 Christen bei den Spielen – synodale Bestimmungen und soziale Dynamik 2.4 Kontrolle und Überwachung des Besuchs der Spiele unter den Laien 2.5 Soziale Kontrolle von Klerikern und Asketen im Umfeld der Spiele 2.6 Zwischenfazit: Begrenzte Erfolge im Kampf gegen die Spielekultur
VI. Spektren von Kontrolle und Überwachung in spätantiken Gemeinden 1. Mobilisierung und Motivation der Laien 1.1 Responsibilisierung und Religiosität 1.2 Eigene Agenda der Laien zur sozialen Kontrolle 2. Grenzen der Kontrolle von Normenverstößen 3. Sanktionierung von Fehlverhalten 3.1 Kommunikation und Kirchenstrafen –Sanktionierung durch kirchliche Autoritäten 3.2 Schmähgedichte und Rügebräuche –eigenständige Sanktionen durch Laien
VII. Der christliche Argus
VIII. Abkürzungsverzeichnis
IX. Quellenausgaben 1. Sammlungen und anonyme Schriften 2. Ausgaben einzelner Autoren
X. Literatur
XI. Register 1. Quellen 2. Orte und Personen 3. Sachen
Überwachung, soziale Kontrolle und christliche Identität in der Spätantike
Der Erfolg des Christentums veränderte die Welt der Antike nachhaltig. Neue, christlich geprägte Regeln des Zusammenlebens wurden für eine breitere Masse an Menschen relevant – sie ergänzten zunehmend traditionelle Wertvorstellungen und römische Gesetze. Die Wachsamkeit der Laien – der nichtklerikalen Christen – auf diese Regeln war für ihre Durchsetzung innerhalb der Gemeinden entscheidend.
Christliche Prediger setzten vor allem ab dem vierten Jahrhundert auf die Mobilisierung überzeugter Laien, um Fehlverhalten aufzudecken. Zugleich waren diese laici religiosi keineswegs nur gelenkte Objekte klerikaler Aufrufe zur Überwachung christlicher Normen. Sie beobachteten, kontrollierten, denunzierten oder bestraften ihre Mitchristen teils aus echter Frömmigkeit, teils aus opportunistischen Motiven. Gerade Frauen konnten in diesem Kontext erstmals in der Antike im größeren Maße soziale Kontrolle ausüben.
Anhand einer breiten Quellenbasis lassen sich Überwachungs- und Kontrollmechanismen vom einfachen Tadel bis zu ritualisierter Gewaltanwendung unter den spätantiken Christen nachweisen. Die erfolgreiche Einbindung der Laien in die Überwachung der Verhaltensregeln der aufstrebenden Religion trug dazu bei, dass das Christentum zu einem zentralen sozio-religiösen Bezugssystem der römischen Welt werden konnte.
I. Zeitalter der Wachsamkeit II. Laien, Kleriker, Kongregationen: Soziale Interaktion in der Spätantike 1. Definition und Identität: Kirchengemeinden als normative Systeme 2. Sichtbarkeit, Privatsphäre, Normenkontrolle
III. Verstöße gegen Sexualnormen 1. Sexuelle Enthaltsamkeit 1.1 Jungfräulichkeitsideal und voreheliche Sexualität 1.2 Kontrollaspekte sexueller Askese unter verheirateten Laien 1.3 Überwachung der Enthaltsamkeit asketischer Laien 1.4 Kontrolle partieller und absoluter sexueller Enthaltsamkeit spätantiker Kleriker 1.5 Zwischenfazit: Sexuelle Enthaltsamkeit im Spannungsfeld von Normalität und Tabu 2. Ehebruch 2.1 Ehrenmord und Kapitalprozess – adulterium in nichtchristlichen Quellen 2.2 Neue Wege in der Spätantike – christliche Definition und römische Gesetze 2.3 Katechumenen und Kirchenstrafen – christliche Regeln gegen Ehebruch 2.4 Überwachung und Sanktionierung von Ehebruch unter Laien 2.5 Bischöfliche Autorität und öffentliche Bloßstellung – Kontrolle klerikalen Ehebruchs 2.6 Zwischenfazit: Der Umgang mit Ehebruch in der Gemeinde
IV. Verletzung religiöser Grenzen 1. Kontakte zu Häretikern 1.1 Die Dynamisierung des Kampfes gegen die Häretiker 1.2 Pestilentissima haeresis – das Beispiel der Manichäer 1.3 Römische Amtsträger oder kirchliche Autoritäten? – Der Kampf gegen die ‹Irrlehren› 1.4 Identifikation und Denunziation von Manichäern innerhalb der Gemeinden 1.5 Zwischenfazit: Proliferation und Erfolg antimanichäischer Maßnahmen 1.6 Ausblick: Überwachung und soziale Kontrolle anderer heterodoxer Gruppen 2. Judaisieren 2.1 ‹The parting of the ways› und die judaisierenden Christen 2.2 Judaisierer im Fokus der Aufmerksamkeit 2.3 Synodale Beschlüsse und innergemeindliche Regulierung judaisierenden Verhaltens 2.4 Predigten gegen religiöse Grenzüberschreitung – das Beispiel Antiochias 2.5 Zwischenfazit: Effektive Grenzziehung zwischen Juden und Christen?
V. Christliche Normen und Ausprägungen römischer Kultur 1. Bäderbesuch 1.1 Die christliche Haltung zu den Thermen – zwischen Alltag und Askese 1.2 Überwachung und Kontrolle des Bäderbesuchs in Christengemeinden 1.3 Zwischenfazit: Neue Baderegime – Fortbestand und Wandel 2. Besuch der Spiele und Theater 2.1 Die spectacula in der Spätantike 2.2 Die Kritik der Kirche an den Schauspielen 2.3 Christen bei den Spielen – synodale Bestimmungen und soziale Dynamik 2.4 Kontrolle und Überwachung des Besuchs der Spiele unter den Laien 2.5 Soziale Kontrolle von Klerikern und Asketen im Umfeld der Spiele 2.6 Zwischenfazit: Begrenzte Erfolge im Kampf gegen die Spielekultur
VI. Spektren von Kontrolle und Überwachung in spätantiken Gemeinden 1. Mobilisierung und Motivation der Laien 1.1 Responsibilisierung und Religiosität 1.2 Eigene Agenda der Laien zur sozialen Kontrolle 2. Grenzen der Kontrolle von Normenverstößen 3. Sanktionierung von Fehlverhalten 3.1 Kommunikation und Kirchenstrafen –Sanktionierung durch kirchliche Autoritäten 3.2 Schmähgedichte und Rügebräuche –eigenständige Sanktionen durch Laien
VII. Der christliche Argus
VIII. Abkürzungsverzeichnis
IX. Quellenausgaben 1. Sammlungen und anonyme Schriften 2. Ausgaben einzelner Autoren
X. Literatur
XI. Register 1. Quellen 2. Orte und Personen 3. Sachen